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Was mich am Bibliothekswesen aufregt – eine Tirade

Ich bin wütend.

Ich bin wütend auf das Bibliothekswesen und das oft noch starre Image, das durch viele Personen bestätigt wird.
Ich bin wütend über das Gerede von Bibliotheken als dritter Ort, während gleichzeitig Gelder gestrichen werden.
Ich bin wütend, weil Zweigstellen und ganze Bibliotheken geschlossen werden, ohne dass die Arbeit von jemandem aufgefangen werden kann.
Ich bin wütend über fehlende Strukturen, die das eigentliche Potential von Bibliotheken unterdrücken.
Ich bin wütend auf Bibliotheksdienstleister, die mit ihren Produkten nicht über den Tellerrand hinaus denken und damit die Entwicklung von Bibliotheken verlangsamen.
Ich bin wütend wegen Forderungen und Ansprüche, die einer modernen Arbeitsgesellschaft in Zeichen von New Work nicht entsprechen.
Ich bin wütend auf Vorgesetzte, die keine Empathie haben und Innovationen ablehnen.
Ich bin wütend wegen starrer Hierarchien, die einige gerne aufrecht erhalten möchten.
Ich bin wütend über fehlende Toleranz und Hilfe bei Erkrankungen der Mitarbeitenden.
Ich bin wütend auf den Öffentlichen Dienst mit seinen ewig langen bürokratischen Wegen.
Ich bin wütend darüber, dass Bibliotheken von den Verwaltungen oft als notwendiges Übel gesehen und behandelt werden.
Ich bin wütend über lächerliche Bezahlungen, die immer wieder angeboten werden.

Ich bin wütend.
Ich bin müde.

Ich bin müde, auf dem Bibliothekartag hauptsächlich sehr privilegierte weiße Menschen in Anzügen zu sehen, die etwas von Vielfalt in Bibliotheken erzählen.
Ich bin müde über die Tatsache, dass der Bibliothekartag immer noch keinen neuen Namen hat.
Ich bin müde, auf der Suche nach einem einheitlichen Bibliotheksgesetzt immer wieder enttäuscht zu werden.
Ich bin müde, weil immer mehr Aufgabenfelder verlangt werden, aber weder das Gehalt noch die verfügbare Zeit steigt.
Ich bin müde Bibliotheksmitarbeitende zu sehen, die in ihrer Arbeitszeit lieber in Büchern lesen, während andere sich innovative Konzepte zum Erhalt der Bibliotheken überlegen.
Ich bin müde, weil es Menschen in Bibliotheken gibt, die sich auf einer Stelle im Öffentlichen Dienst ausruhen, ohne noch wirklich etwas zu leisten.
Ich bin müde, weil nie genügend Personal eingeplant ist.

Ich bin müde.
Ich bin froh.

Ich bin froh, dass es Menschen mit Visionen gibt.
Ich bin froh über Bibliotheksmitarbeitende, die nicht aufgeben.
Ich bin froh über Vorgesetzte, die Vielfalt und Empathie vorleben.

Ich bin froh, diesen Artikel stellvertretend für alle schreiben zu können, die einfach mal ihre Wut rauslassen müssen.


Solange Wut nicht in Verbitterung oder andere negative Gefühle umschlägt, kann sie ein wirksamer Motor für wichtige Veränderungen sein. Durch Wut entsteht eine Antriebskraft, die man nutzen sollte. Ein erster Schritt dazu ist für mich dieser Artikel. Auf Instagram habe ich danach gefragt, was euch so richtig wütend macht während eurer Bibliotheksarbeit. Mein Postfach wurde kurzzeitig ein Safespace zum Auskotzen und Dampf ablassen. Und offensichtlich war es bitter nötig! Einige der Antworten sind oben mit aufgelistet, wobei sich vieles natürlich thematisch überschnitten hat.

Aber es ist klar geworden: die Arbeit in einer Bibliothek ist schön, aber oft auch anstrengend. Es fehlt oftmals an Struktur, Wertschätzung und guter Bezahlung.

Ich würde mir wünschen, dass sich die Bibliotheksbranche verändert. Nicht nur als mündliche Zusage, sondern mit realen Aktionen. Wie kann das passieren?

  1. Miteinander reden: Jeder sollte seinen Unmut frei äußern können. Denn nur, wenn es bekannt ist, kann auch darauf reagiert werden.
  2. Kritik nicht persönlich nehmen: Wenn sachliche (!) Kritik geäußert wird, sollte man in der Lage sein, diese als Anlass zur Veränderung und Verbesserung zu nehmen. Kritik ist etwas Gutes!
  3. Dein Gegenüber ernst nehmen: In jeder Situation sollte man sein Gegenüber ernst nehmen. Auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist oder einen Standpunkt nicht nachvollziehen kann, ist dieser trotzdem vorhanden und hat damit ein Recht darauf, gehört zu werden.
  4. Laut bleiben: Du möchtest, dass sich etwas ändert und stößt auf Ablehnung? Lass dich nicht unterkriegen! Manchmal braucht es mehrere Anläufe. Wenn du von einer Sache überzeugt bist, suche nach Möglichkeiten, andere zu begeistern.

Meine Meinung und eine Einladung an dich

Wir alle sind Teil des Bibliothekswesens. Unser aller Ziel sollte es sein, die Bibliotheken zu stärken und sie für zukünftige Herausforderungen zu wappnen. Mein Vorgehen ist dabei klar: ich möchte mein Wissen weiter geben, um Bibliotheken bei ihrer Sichtbarkeit zu unterstützen, damit sie ihren Platz in der Gesellschaft auch wirklich einnehmen. Es reicht nicht mehr, darauf zu vertrauen, dass jeder Bibliotheken kennt. Es müssen moderne (Online) Marketing Methoden angewandt werden, um die Menschen zu erreichen und sich von anderen Angeboten abzuheben. Gleichzeitig kann dieser Weg nur umgesetzt werden, indem genügend Gelder vorhanden sind, das Personal vernünftig bezahlt wird und die Ängste, Sorgen und die Wut weniger werden.

Es ist mein Ziel, dass ich irgendwann meinen Teil dazu beitragen kann. Dass ich einen Teil der Umsätze in Bibliotheken investieren kann, damit meine Kinder noch davon profitieren. Bis es soweit ist, bleibe ich gerne laut, mache auf Ungerechtigkeiten aufmerksam, gebe mein Wissen weiter und biete mein Postfach weiterhin gerne als Ort zum Auskotzen und Dampf ablassen an.

Wie sieht’s mit dir aus? Bist du wütend, müde, froh? Bist du komplett anderer Meinung? Oder willst auch du einfach nur Dampf ablassen? Hinterlasse mir gerne deine Meinung in meinem Postfach unter kontakt@bibliotheken-online.com oder schreibe mir auf Instagram @bibliothekenonline. Ich freue mich, von dir zu hören!