Was für ein Jahr! (Sagt man das nicht immer so?) 2022 neigt sich dem Ende zu, daher lohnt sich ein Blick auf das kommende Jahr. Natürlich hat niemand eine Glaskugel, in der man sehen kann, was alles passieren wird. Aber: es gibt einige langfristige Trends, die sich auch ins nächste Jahr ziehen werden, die die Bibliotheken beschäftigen und die natürlich auch mit den vergangenen Ereignissen zu tun haben. Also: lass uns gemeinsam auf die Bibliothekstrends 2023 blicken!
2022, danke für nix!
Wir hatten gerade die Pandemiejahre 2020/2021 überstanden, da klopften die nächste Meldungen an der Tür: der Ukraine-Krieg. Er entwickelte sich vom regionalen Konflikt zur internationalen Krise. Die deutschen Preise für Strom und Gas stiegen in Verbindung mit dem geplanten Atomausstieg um 115 %. Inflation, steigende Zinsen, teurere Kredite, sinkende Investitionsbereitschaft, Fachkräftemangel, Rezession. Hört sich alles scheiße an, ist es auch.
Ich will hier gar nicht zu politisch (nicht mein Thema) oder wirtschaftlich werden (auch wenn ich mal n bisschen BWL studiert habe). Aber diese ganzen Einflüsse muss man natürlich im Blick behalten, um realistisch auf 2023 blicken zu können. Die Kosten sind in den meisten Bereichen gestiegen, Mittel sind begrenzt. Daher wird 2023 darauf ausgelegt sein, das Beste aus dem zu machen, was man hat. Daher liegen die Bibliothekstrends 2023 auch eher bei Themen, die verbessert werden, statt kompletten Neuerungen. Aber starten wir doch einfach mal!
Trend 1: Stärkung der Mitarbeitenden
Fachkräftemangel ist auch in Bibliotheken ein anhaltendes Thema. Das hat verschiedene Ursachen, die jede Person kennen wird, die in einer Bibliothek arbeitet. Allein durch die demografische Entwicklung müssen in den nächsten Jahren mehr und mehr Kollegen ersetzt werden. Gleichzeitig habe ich eben erst gelesen, dass sich jeder dritte Arbeitnehmer ausgebrannt fühlt. Kein Wunder, wenn kein Personal da ist! Ein Teufelskreis. Umso wichtiger ist es, das vorhandene Personal nicht zu verlieren und komplett ausbrennen zu lassen. Wie schafft man das?
Tatsächlich hat den größten positiven Effekt auf die Effizienz von Unternehmen eine kompromisslose Wertschätzungskultur. Und ich bin sicher, bei Bibliotheken wird es nicht anders sein, denn auch dort arbeiten: Menschen. Wenn sich jemand in seiner Arbeit wertgeschätzt fühlt, steigt die Motivation, die Zufriedenheit und damit sogar auch oft die Gesundheit. Das bedeutet also gleichzeitig: weniger Personalausfälle aufgrund von Krankheiten. Diese Wertschätzung kann sich sowohl in finanzieller Form zeigen, als auch durch Kontakt auf Augenhöhe, Bewusstsein über den Sinn der gemeinsamen Arbeit, Freiheiten in der eigenen Arbeit und einem Employee-First Ansatz. Und da kann jeder einzelne handeln, egal ob man eine Führungsposition hat oder nicht, denn seine Mitarbeitenden wertschätzen kann jeder. Und wenn es nur ein kleines „Danke“ ist, das das Betriebsklima verbessert, ist es bereits ein erster Schritt.
Trend 2: Quereinsteiger und Fachkräfte anderer Bereiche
Wir haben eben schon besprochen, dass Personal fehlt. Zusätzlich wird das Berufsfeld in Bibliotheken immer umfangreicher. Ich kenne tatsächlich keinen Beruf, der so viele Tätigkeitsfelder miteinander vereinbaren soll, wie es in Bibliotheken gelebt wird. Egal, ob man dabei Bibliothekar oder FaMI ist: am besten sollte jede*r alles können, über das bisher Gelernte hinaus und auch komplett in anderen Bereichen. Denn in den letzten Jahren sind so viele Themen dazu gekommen: MakerSpaces, Robotric, hybrides Veranstaltungsmanagement, Social Media, Marketing, Copywriting, E-Learning, Podcasts, Escape Games, Bibliothek der Dinge, Gamification, Medienpädagogik, Videoproduktion, um mal einige zu nennen. In anderen Branchen ist es üblich, für neue Bereiche entsprechendes Fachpersonal anzustellen. In Bibliotheken ist es aber irgendwie nicht der Fall. Statt einen Social Media Manager einzustellen, wird eben oft ein Bibliothekar mit Social Media Erfahrung gesucht. Oder statt einer Eventmanagerin wird eben ein FaMI gesucht, der Lust hat, sich mit Veranstaltungen zu beschäftigen.
Da durch den Fachkräftemangel sowieso schon Personal fehlt, wäre es nicht hilfreich, Fachkräfte anderer Bereiche und Quereinsteiger einzustellen? Und die Stellen auch wirklich entsprechend auszuschreiben? Es könnte nicht nur dafür sorgen, dass lange unbesetzte Stellen endlich besetzt werden können, man erweitert auch das Potential der Bibliothek, professionell zu agieren, indem man sich das entsprechende Know-how reinholt. Win-win für alle!
Trend 3: Kultur und Gemeinschaft stärken
Obwohl 2022 sämtliche Corona-Maßnahmen gelockert wurden, sind die Folgen immer noch zu spüren. Viele Künstler verzeichnen weniger Besucher bei ihren Veranstaltungen, als es vor Corona üblich war. Umso wichtiger ist es, sich gemeinsam zu unterstützen und zu pushen. Bibliotheken sind dabei ein wichtiger Faktor, zum einen, um die Räumlichkeiten zu stellen und Veranstaltungen auszurichten, aber auch, um die Gemeinschaft entsprechend zu sensibilisieren und für Veranstaltungen wieder empfänglich zu machen. Dabei geht es nicht nur darum, Veranstaltungen nur zu veröffentlichen, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl und die Kultur in den Vordergrund zu bringen. Das kann man z. B. machen, indem man entsprechende Kampagnen vorbereitet, lokale Künstler über die Social Media Kanäle vorstellt, oder Kulturabos anbietet, mit denen man ein Jahr lang kostenlos oder -günstiger Veranstaltungen besuchen kann.
Trend 4: Coworking Spaces
Die letzten Jahre haben viel bewegt, vor allem die Art des Arbeitens hat sich verändert. Inzwischen ist es eine gern genutzte Option, mobil arbeiten zu können, also nicht an ein Büro gebunden zu sein. Dabei kann man den Arbeitsort selbst bestimmen: ob von zuhause gearbeitet wird, einem Café oder einem Coworking Space ist einem selbst überlassen. Vielen Menschen fällt die Arbeit in den eigenen vier Wänden eher schwer, oder sie brauchen zwischendurch eine räumliche Veränderung. Gleichzeitig ist eine Fahrt ins Büro aufgrund langer Fahrwege auch nicht immer die bessere Option. Hier können die Bibliotheken ins Spiel kommen. Als lokale Institutionen können sie die Plätze anbieten, um in einer angenehmen und inspirierenden Atmosphäre seiner Arbeit nachzukommen. Alles, was man selbst mitnehmen muss, ist der Laptop. In der Bibliothek sollte dafür ein stabiler Internetzugang vorhanden sein, ebenso wie entsprechende Plätze, räumliche Trennungen und eine arbeitsfreundliche Atmosphäre. Je nach Möglichkeiten kann es für jede Bibliothek anders aussehen. Aber auch hier gilt: wenn niemand davon weiß, kann man die Angebote auch nicht in Anspruch nehmen. Das Marketing für vorhandene Coworking Spaces sollte also gleichzeitig angekurbelt werden. So erreicht man auch Personen, die ansonsten eher kein Fuß in die Bibliothek gesetzt hätten.
Trend 5: Gender Shift
Ein Trend, der kein Trend ist, sondern ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt. Geschlechterrollen verlieren immer mehr ihre soziale Relevanz und Diversität wird zur Normalität. Dabei geht es nicht nur ums Gendering, also eine geschlechtergerechte Sprache, sondern den Fokus auf das Geschlecht auszulassen. Das gilt auch bei bisher als „typisch weiblich“ oder „typisch männlich“ assoziierten Faktoren. In Bibliotheken kann die Umsetzung so aussehen, dass man sich z. B. bei Anmeldungen mal fragt, ob das Geschlecht wirklich etwas ist, das man unbedingt abfragen muss. Oder ob es noch veraltete Aufstellungen gibt wie: Frauenliteratur (meist eher romanstische und/oder historische Romane), Bücher für Mädchen (viel Glitzer, Pink, Einhörner, Prinzessinnen) oder Bücher für Jungs (Drachen, Autos, Abenteuer). Solche Aufstellungen müssen gestrichen werden. Gleichzeitig kann man bereits bei der Erwerbung von Medien diese kritisch hinterfragen. Besonders bei Kinderbüchern gibt es inzwischen richtig schöne Alternativen zu den großen Verlagshäusern, wie den Zuckersüß Verlag.
Trend 6: Nachhaltigkeit
Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und jeder einzelne Mensch – wir alle sind dafür verantwortlich, was mit unserem Planeten passiert. Daher ist Nachhaltigkeit auch 2023 ein Kernthema, das bei jeder Aktion berücksichtigt wird. Ein regelmäßiger Blick auf die UN-Nachhaltigkeitsziele, die 2015 beschlossen wurden, lohnt sich also.
Trend 7: Automationen und Digitalisierung von Prozessen
Eins meiner liebsten Themen: Automationen. Es gibt so viele Prozesse, die mehrmals stattfinden und so viel Zeit in Anspruch nehmen, wenn man es mal aufs Jahr hochrechnet. Daher gilt: alles, was digitalisiert werden kann, sollte digitalisiert werden (Nutzt jemand noch Anmeldekarten? Dann bist du auf jeden Fall gemeint!). Denn die Digitalisierung ist die Voraussetzung dafür, Prozesse zu automatisieren. Magie! So ist es zum Beispiel möglich, Rechnungen von Lieferanten automatisiert herunterzuladen und abzuspeichern. Oder bei einer Anmeldung in der Bibliothek direkt einen Flyer als PDF mit den wichtigsten Infos an die Mailadresse des neuen Nutzenden zu senden. Oder, dass Tickets für Veranstaltungen online gebucht und gleichzeitig bezahlt werden. Ohne, dass irgendetwas zusätzlich dafür getan werden muss. Dafür müssen natürlich die genutzten Softwares und Tools entsprechend zusammen arbeiten können, was in Bibliotheken oftmals etwas trickreich ist, aber sich mit dem Thema Digitalisierung und Automationen zu beschäftigen, lohnt sich immer. Ich habe z. B. meine komplette Kursbuchung und Rechnungserstellung automatisiert und bin aktuell dabei, meine Buchhaltung zu automatisieren. Oft nutze ich dabei das Tool Zapier, um Prozesse zu verbinden. Dadurch sind die Prozesse nicht an meine Arbeitskraft gebunden, es kommt zu weniger Fehlern und ich habe mehr Zeit für meine Kernthemen.
Trend 8: Social Commerce und Strategie statt blinder Trends
Wer Social Media 2023 noch als Verteiler von Pressemitteilungen nutzt, sollte seine Social Media Accounts einfach schließen. Gleiches gilt für diejenigen, die Social Media als Azubiarbeit sehen oder Hobby neben der regulären Arbeit. Denn Social Media kann ein absoluter Gamechanger sein – wenn man es richtig einsetzt. So ist eine Social Media Strategie auch 2023 noch Voraussetzung für die Aktivitäten auf Instagram und Co. Das kann dann zwar auch einige Trends beinhalten, die man ständig online sieht, muss es aber nicht und Trends sollten auch nie der Fokus sein.
Was sich auf den Sozialen Plattformen auch immer mehr abzeichnet, ist die Bereitschaft der Menschen, dort gezielt nach Angeboten und Dienstleistungen zu schauen und zu kaufen. Als Bibliothek kann man diese Entwicklung mitnehmen, indem man regelmäßig und gezielt die eigenen Angebote direkt bewirbt. Also nicht lediglich Buchcover zeigt, sondern erklärt, wie man sich anmeldet, was eine Mitgliedschaft kostet, welche Angebote es sonst noch so gibt und wie man sich z. B. direkt von zuhause online anmelden kann.
Trend 9: Kurzvideoformate (TikTok, Reels, YouTube-Shorts)
Wenn deine Bibliothek auf Social Media unterwegs ist, solltet ihr euch wirklich damit beschäftigen, kurze Videos zu drehen und zu veröffentlichen. Nachdem Instagramchef Adam Mosseri bereits 2021 erklärt hat, dass Instagram keine Fotoplattform ist, hat es sich 2022 nur noch weiter bestätigt. Kurze Videos werden bevorzugt konsumiert und damit auch von den Plattformen gepusht. TikTok ist die Plattform, mit dem größten Wachstum und wird 2023 nicht mehr wegzudenken sein. Andere Plattformen gleichen ihre Formate diesem Vorbild an. Das Ergebnis: Kurzvideos können an verschiedenen Stellen platziert werden und erreichen damit eine größere Reichweite. So können Instagram Reels auf TikTok weiter verwendet werden und auch auf YouTube als Shorts. Also: Kamera in die Hand und los geht’s!
Fazit
Das wars von mir soweit! Sämtliche Bibliothekstrends für 2023, die du hier liest, spiegeln natürlich meine eigene Einschätzung wieder, die aus meinen Erfahrungen, meinen Interessen und meinem Wissen resultieren. Daher können natürlich andere Menschen anderer Meinung sein oder einen anderen Fokus haben, ganz klar. Eine Glaskugel haben wir letzten Endes alle nicht, daher kann jeder nur nach bestem Wissen und Gewissen agieren. Ich hoffe aber, dass du für dich und deine Arbeit einige Impulse mitnehmen konntest. Schreib mir doch gerne an kontakt@bibliotheken-online.de, ob du die Entwicklungen für 2023 ähnlich siehst oder ganz anderer Meinung bist. Ich freue mich auf den Austausch!
Auf ein phänomenales Jahr 2023! Daniela
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